Quantenschaum
von 2004 bis 2019


2019 Alles könnte anders sein

Konzept/Idee: Renate Heitmann, Mathias Schönsee. Regie: Mathias Schönsee.
Mit: Clara Groeger/Tine Thevissen (Akrobatik, Chinese Pole, Hula Hoop). Matthias Romir (Jonglierender Clown auf Rollschuhen. Peter Lüchinger (Schauspieler).

„Eine hohe Kontingenz von Ereignissen bedeutet, dass alles, was ist, auch anders sein könnte.“ (Niklas Luhmann).

Ein Schauspieler, ein jonglierender Clown auf Rollschuhen und zwei fliegende Artistinnen in einer engen Tonne erzählen eine kleine Geschichte über die Suche nach dem Denken. Das Bedenklichste in unserer bedenklichen Zeit ist, dass wir noch nicht mit Denken angefangen haben, stellte Martin Heidegger seinerzeit fest. Aber da wir in unserer Zeit vor Herausforderungen und Veränderungen stehen, die des Denkens unbedingt bedürfen, wollen unsere Figuren einen Weg finden, um in das Denken zu gelangen.

Denn alles könnte anders sein, wenn wir nur erst in der Lage wären, es anders zu denken. Auf ihrer Suche begegnen ihnen Hindernisse, die das Denken erschweren und verunmöglichen: Regeln und Konventionen, Erwartungen und Meinungen, persönliche Befangenheiten und nicht zuletzt die Angst vor dem „Sprung in das Denken“, einen Sprung über eine Kluft ohne Brücke, vom gesicherten Grund der Wissenschaft in die riskante Unvorhersehbarkeit des freien Denkens.

Und wer könnte einen solchen Sprung wagen, wenn nicht Artistinnen? Sie können die Gravitation für Momente außer Kraft setzen wie der anarchische Clown die Regeln und Erwartungen. Mut zum Absprung, Lust an der Schwerelosigkeit helfen ihnen auf den Weg aus der abendländischen Schwermut bis in den Rausch des gemeinsamen Denkens.

2015 Und wann kommen die Elefanten?

Regie: Judith Kuckart
Komposition: Annalisa Derossi Dramaturgie: Sibille Hüholt Ausstattung: Martin Rottenkolber Ausstattungsassistenz: Melanie Kuhl Mit: Svea Meiken Auerbach, Annalisa Derossi, Mathias Greffrath, Michael Meyer, Matthias Romir, Markus Seuss, Claudia Spörri, Emilia, Luisa & Jorina Spörri, Kathrin Steinweg. Leitung Renate Heitmann. Schirmherr Prof. Dr. Gerhard Roth. In Kooperation Mit Dem Projekt „Wissenschaft Als Religion“ Des Deutsch Amerikanischen Instituts Heidelberg.

Auf der Bühne treffen sich Spieler und Spielerinnen der bremer shakespeare company mit dem schwarzhumorigen Clown und Jongleur Matthias Romir, der Musikerin und Tänzerin Annalisa Derossi, dem Wissenschaftsjournalisten Mathias Greffrath und weiteren Darstellerinnen.
Sie untersuchen, ob Theaterspiel und Circus, ob Sänger, Dichter, Tänzer, Jongleure, Komödianten und Clowns Antworten darauf haben, wie es um den Stoff steht, der unser (Bewusst-)Sein webt.

Nach Quantenphysik und Evolutionstheorie widmet sich „Quantenschaum“ dem Organ, auf das wir uns am meisten einbilden: DAS GEHIRN.

Die Hirnforschung hat in den vergangenen Jahren viele Fragen aufgeworfen: Sind wir Menschen einzigartig? Wie entsteht unsere Bewusstseinswelt? Können wir die Welt erkennen, wie sie ist, oder nehmen wir nur Konstruktionen unseres Gehirns wahr? Auf was sollen wir hören: auf den Verstand oder die Gefühle? Wer oder was formt uns: Gene, das Unbewusste oder die Erziehung? Ist der Wille frei? Ist „Ich“ Herr im eigenen Haus oder wer hat die Hausmacht in einem Konzert von Regungsherden?

Pressestimmen:

Das menschliche Gehirn gibt uns viele Rätsel auf. Was ist Einbildung, was Realität? Und haben wir wirklich einen freien Willen? Dass das nicht nur ein Thema für Neurowissenschaftler ist, beweist der „Circus Quantenschaum“ der Bremer Shakespeare Company mit Schauspiel, Tanz und viel Humor. „Hereinspaziert, hereinspaziert!“ heißt es am Abend zur Premiere des Circus Quantenschaum. Der Titel, sagt Regisseurin Judith Kuckart, sei autobiografisch: „ Meine Eltern sind mit mir in den Zirkus gegangen, und ich habe ganz vorne an der Manege gesessen. Und nach jeder Nummer habe ich gefragt „Wann kommen die Elefanten?“. Davon habe ich mir alles versprochen: das Geheimnis, die Erklärung und das große Wunder.” Die großen Fragen werden auf der Bühne auch nicht beantwortet werden können. Eine ihrer wenigen Überzeugungen sei es, dass das, was den Menschen ausmacht, die Fragen seien und „dass die Menschen anfangen zu erzählen, weil sie Fragen haben, nicht weil sie Antworten haben.“ Auf der Bühne gibt es dann einen stummen Dialog mit den Fragen, die dann bei den Zuschauern auch entstehen.
radio bremen, Donnerstag, 12. November 2015.
Von Margit Ekholt

2009 Alles ändert sich

Konzeption/Leitung: Renate Heitmann. Regie: Mathias Schönsee. Choreografie: Christine Stehno. Musikalische Leitung: Willy Daum. Mit: Julia Und Ele Janke (Elja Trapez), Christoph Engels (Comedian), Stefan Sing (Jonlage), Gregor Wollny (Comedian), Chronk (Akrobatikduo), Franziska Mencz (Schauspielerin), Willy Daum (Multi-Instrumentalist/ Spinett), Pauline Boeykens (Tuba), Jana Mishenina (Violine, Stimme), Martin Kratzsch (Klarinetten)

Im Zirkus der Unglaublichkeiten dressiert der Zirkusdirektor Christoph Engels mit der Kettensäge die große Unordnung und die kleinen Unordentlichkeiten. Das Trapezduo Elja, der Jongleur Stefan Sing, das Akrobatik-Duo Chronkh, der “Zollstockmann” Gregor, die Schauspielerin Franziska Mencz und die Band der Charming Quarks hauchen dem runtergekommenen Etablissement “Concordia” den neuen Circus-Odem ein.

Pressestimmen:

Keine Frage: Auch das dritte Programm der Reihe “Quantenschaum” verspricht einen unterhaltsamen Abend. Die Zwillinge Julia und Ele Janke zeigen am Trapez eine faszinierende Artistik und Körperkultur. Stefan Sing jongliert - aber nicht nur mit den Kugeln, sondern auch mit seinem Körper. Christoph Engels führt auf unterhaltsame Art durch das Programm im Concordia-Theater und zeigt als “Clown” auf dem hohen Einrad, dass er auch artistisch zu den Höhepunkten des Abends beitragen kann. Gregor Wollny schließlich, ein Minimalist der Artistik und insofern der “Versager” des Programms, vollbringt allein mit seiner Mimik und kleinen Gesten große Wunder der Unterhaltung. Was macht aus der Präsentation von acht Circus-KünstlerInnen ein Programm “Quantenschaum”? Ach ja, da war noch was. Die Schauspielerin Franziska Mencz, die Eingangs als Putzfrau das Publikum vor der Gefahr des Einsturzes der maroden Halle warnt, erscheint in einer zweiten Projektions-Existenz hinter der halb durchsichtigen Leinwand und erklärt die Welt philosophisch: Warum von der Existenz kleiner androgyner Lebewesen kurz vor dem Ende des Planeten Erde so wenig Spuren zu finden sind oder warum ein euklidisches Dreieck im gekrümmten Raum zu der Konsequenz führt, dass Dreiecksbeziehungen nicht funktionieren.
taz

Im Zirkus ist die Welt noch in Ordnung: Hier gibt es Gaukler und Draufgänger zu sehen, Zwitterwesen, die kindlich und ernsthaft zugleich sind. Die einen jonglieren mit Kettensägen, die anderen tricksen die Bauaufsicht aus. Alle sind Clowns und Helden in Personalunion. Ein wippender Takt von Zirkusmusik treibt frohlockend das Geschehen voran. Kurzum: Herzlich willkommen im Circus Quantenschaum, dem Varieté-Projekt der Bremer Shakespeare Company - Zirkus mit Niveau. Im Concordia feierte ihr Spektakel unter dem Titel “Alles ändert sich” eine farbenfrohe Premiere. Dem Regisseur Mathias Schönsee fällt dazu jede Menge ein: Im Laufe der 80-minütigen Show bezaubern die insgesamt zwölf Mitwirkenden mit einer einfallsreichen und stets amüsanten Revue.
Lautstark vorweg: Christoph Engels als rothaariger Feuerkopf. Ein Marktschreier, ein Zirkusdirektor, der mit dem liebenswerten Fanatismus eines Kindes ausgestattet ist, das der ganzen Welt beweisen will, was alles in ihm steckt. Vor allem Experimente, die richtig schön gefährlich sind! Die Ochsenpeitsche lässt er knallen, oder er entführt Zuschauer auf die Bühne, um sie zu Assistenten seiner wackeligen Hochrad-Nummer zu machen. Auch die fliegende Kettensäge gehört in sein Repertoire.
All diesen groben Unfug leiert er an, um den bereits erwähnten Graukitteln von der Bauaufsicht ein Schnippchen zu schlagen. Diese tanzen, schleichen und fuchteln mit ihren Zollstöcken schon vom ersten Moment an durch sein abbruchreifes Zirkusgebäude - welches dabei aber eigentlich noch ganz passabel anzuschauen ist: Eine blau leuchtende Folie illuminiert den Hintergrund, ein Gerüst steht an der Seite, und der helle Anstrich des Gebäudes verleiht dem Ganzen immerhin einen warmen und höchst freundlichen Charakter.
Weser-Kurier

2008 Yes - Alles kehrt wieder

Konzeption/Leitung: Renate Heitmann. Regie: Peter Lüchinger. Szenario: Renate Heitmann, Peter Lüchinger. Komposition: Willy Daum. Text: Sally Potter. Bühne/Kostüme: Heike Neugebauer. Licht/Technische Leitung: Reinhard Hubert. Mit: Sadanam Krishnadasan, Kalamandalam Unikrishnan Nair (Kathakali-Tanz), Julia Und Ele Janke (Elja Trapez), Gilles Welinski (Tanz), Stefan Sing (Jonlage), Franziska Mencz (Schauspielerin), Willy Daum (Multi-Instrumentalist/ Spinett), Pauline Boeykens (Tuba), Jana Mishenina (Violine, Stimme), Martin Kratzsch (Klarinetten)

Staub, Müll und Unordnung ist überall: in der Luft, in der Erde, im Wasser, auf der Straße, in der Wohnung und in uns. Überall ist etwas, das weggeputzt werden muss. Zähne werden geputzt, Haare werden gestutzt. Keimfrei, lupenrein, porentief. Und doch kommt er immer wieder, nicht zuletzt durch uns selbst. Auch in unseren Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken sammeln wir allerlei Schrott. YES widmet sich den nie endenden Aufgaben des In-Ordnung-Bringens und Putzens. YES bricht mit der Illusion, das Chaos aufheben zu können. Wissenschaftler haben über diese Phänomene Theorien entwickelt, der Circus spielt mit ihnen und entwickelt künstlerische Formen der Verwandlung. Der Abend verbindet die darstellerischen Formen des Circus wie Akrobatik, und Artistik mit den Elementen des modernen Tanzes, Schauspiel und dem südindischen Kathakali Tanz. YES ist ein nicht endender Purzelbaum aus Bällen, Tönen, Wörtern und Körpern und dem Monolog der Superputzfrau, die genau weiß, dass man den Staub und Schmutz nicht los wird, sondern nur verteilen, oder - wenn man klug ist - kompostieren kann, damit wieder etwas Neues daraus wird. “Am Ende ist es es einfach nicht wert, dass du versuchst, das Leben wegzuputzen. Es nützt nichts. Denn alles was du sagst und tust ist da - für immer. Es hinterlässt Tatsachen. Ist doch eigentlich ganz klar: Es gibt kein Ding wie “Nichts”. Mag es noch so winzig klein sein. Es bleibt. Letztendlich denke ich, dass das “Nein” nicht mehr besteht, es gibt doch nur das “Ja”.” (Sally Potter)

2005 Circus Quantenschaum

Idee und Projektleitung: Renate Heitmann. Inszenierung: Michael Vogel/Claudius Bensch. Komposition und Musikalische Leitung: Willy Daum. Kostüme: Uschi Leinhäuser/Heike Neugebauer. Lichtdesign/Technische Leitung: Stefanie Meier. Choreografie: Christine Stehno Mit: Pauline Boeykens (Tuba), Willy Daum (Multi-Instrumentalist), Christoph Engels (Clown, Pantomime, Jongleur), Julia Und Ele Janke (Elja Trapez), Andréane Lecclerc (Schlangenmensch), Martin Kratzsch (Klarinetten), Jana Mishenina (Violine), Benjamin Reber (Seiltanz), Duo Tr’escape (Diabolojonglage), Silea (Seiltanz), Stefan Sing (Jonlage), Tobias Wegner (Trampolin), Gregor Wollny (Pantomime).

So manche Erkenntnis der Quantenphysik erscheint verrückt, nicht ganz normal oder schlicht unmöglich. Etwas, das auch auf den Zirkus zutrifft: In der Arena überschreiten Artisten scheinbar die Grenzen des Machbaren und Alltäglichen. Die bremer shakespeare company (bsc) nimmt ihre Gäste mit auf eine Reise ins Unglaubliche und Ungeahnte: Im “Circus Quantenschaum - Reise ins Ungewusste”, einem Projekt im Rahmen von “Stadt der Wissenschaft”, wird Forschung zur Poesie.

Was wissen Sie über Quantenphysik? Nur so viel, dass alles relativ ist? Der “Circus Quantenschaum” verführt seine Zuschauer zum Spiel mit den physikalischen Prinzipien. Unter dem Zirkusdach beweisen Jongleure auf dem Hochrad, Künstlerinnen am Trapez, schwebende Akrobaten, Schauspieler und Musiker, dass die Zeit rast und zugleich stillsteht und die Welt irrational und doch vollkommen verständlich ist. Am Ende werden die Zuschauer feststellen: Unmöglich ist gar nichts. Alles ist eine Frage der Wahrnehmung und des Denkens. Und: Es gibt mehr Fragen als Antworten. Das Wahrscheinliche ist nicht unbedingt auch wahr.

Die Physik versucht die Phänomene und Gesetze der Natur wissenschaftlich zu erklären, die Artisten des Circus Quantenschaum verwandeln die physikalischen Metaphern in circensische Formen.

Muster, Rhythmen, Vielfältigkeiten, Paradoxa, Wandlungen, Ströme, Wechselströme, Unregelmäßigkeiten, Irrationalitäten, Genialitäten, Gelenke, Dreh- und Angelpunkte.Was bedeutet die Trennung der Dinge, wenn zwischen ihnen ein Strom fließt?

Fallen, ahnen, fliegen, schauen, springen, schweben, jonglieren: die Figuren, Artisten und Musiker des Circus Quantenschaum zeigen eine irrationale und doch vollkommen verständliche Welt, wo die Zeit rast und stillsteht; die Figuren sich verlieren und wiederfinden, wo der Raum sich dehnt und wieder zusammenzieht.